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BEISPIEL: MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN AN INDIGINEN VÖLKER
Für die heute in Brasilien lebenden ca. 400.000 Indigenen, die aus ca. 125 ethnischen Gruppen bestehen und etwa 180 verschiedene Sprachen sprechen, hat sich die Lebenssituation in den letzten Jahren trotz staatlicher Garantien nicht verbessert. Seit 1988 schützt die Verfassung offiziell die Landrechte dieser Bevölkerungsgruppen, nämlich ihr Recht auf das traditionell von ihnen bewohnte Land. Auch gibt es seit 1967 die dem Innenministerium angegliederte FUNAI (Fundação Nacional do Indio), zuständig für den Schutz der Indios und deren Rechte. Diese Vorgaben werden unterstützt von der UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker und das Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation. Seit Jahren ist die FUNAI dabei, die Siedlungsgebiete zu demarkieren. Auch soll sie diese gegen das Vordringen von Gold- und Diamantenschürfern, Holzfällern und Landbesetzern schützen. Doch ihre finanziellen Mittel und ihre personelle Besetzung reichen bei weitem nicht, dieser Aufgabe in dem riesigen Land gerecht zu werden. Trotz der offiziellen Demarkierungen, nach denen der indigenen Bevölkerung ca. 12% des Staatsgebietes mit ca. 1 Mio. km² zur Verfügung stünden, gibt es zahlreiche Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Siedler, angeheuerte „Pistoleiros“, Polizei und Militärpolizei. Die Folgen sind oft Vertreibung, Folter und Mord.
VERTREIBUNG DER GUARANI-KAIOWA DER GEMEINDE LARANJEIRA-NHANDERU
Anfang September 2009 sind 35 Familien der indigenen Guaraní-Kaiowá der Gemeinde Laranjeira-Nhanderú im Staat Mato Grosso do Sul von dem Land, auf dem sie seit Generationen leben, vertrieben worden einschließlich ihrer 60 Kinder. Sie hatten zwei Jahre zuvor ihr angestammtes Gebiet besetzt. Die Zwangsräumung erfolgte durch Milizen des Landbesitzers, der Vorgang geschah unter Beobachtung der Bundespolizei. Als die Vertriebenen noch Habseligkeiten und insbesondere Strohdächer abholen wollten, fanden sie ihre niedergebrannten Häuser vor, die Bauern angezündet hatten. Die Vertriebenen leben nun unter schwarzen Plastikplanen am Rande der Schnellstraße 169 in der Gemeinde Rio Brilhante – unter prekären Bedingungen, ohne Nahrung, fließend Wasser, Zukunft. Nach Berichten des Gemeindesprechers werden sie seitdem durch benachbarte Bauern eingeschüchtert, die sie daran hindern, Wasser aus einer nahe gelegenen Quelle zu holen. Die Gemeinschaft hat offiziell Beschwerde bei der Bundesstaatsanwaltschaft eingelegt. In einer Eilaktion hat Amnesty International im Oktober 2009 eine umfassende Untersuchung des Vorfalls und eine Beendigung der Drangsalierungen gefordert. Außerdem wurde gefordert, den Indigenen angemessenen Schutz, Nahrung, Wasser und Unterkünfte zu geben. Gleichzeitig wurde auf die Klärung der ausstehenden Landrechtsfragen verwiesen.
DER FALL ROLINDO UND GENIVALDO VERA IN PIRAJUÍ
Im Oktober 2009 besetzten etwa 25 Angehörige der indigenen Gruppe der Guaraní-Kaiowá aus dem Dorf Pirajuí an der Grenze zu Paraguay ein Stück Framland. Sie betrachten das Land nahe der Stadt Paranhos als ihren angestammten Grund und Boden und erheben Anspruch darauf. Als die Gruppe mit der Errichtung von Unterkünften begann, fuhr ein Lastwagen vor. Dutzende bewaffnete Männer stiegen aus und feuerten mit Gummigeschossen auf die Indigenen, auch Kinder, die in den Wald flohen. Angehörige der Gemeinschaft sahen, wie die Bewaffneten Genivaldo Vera entführten und dessen Cousin Rolindo Vera in den Wald floh. Der Leichnam von Genivaldo Vera wurde am 7. November 2009 in einem nahe gelegenen Fluss gefunden. Seine Familie erhielt von der Polizei Fotos des Leichnams, die darauf hindeuten, dass Genivaldo Vera gefesselt und gefoltert wurde. Man hatte ihm den Kopf rasiert, sein Körper wies zahlreiche Blutergüsse auf. Der Aufenthaltsort von Rolindo Vera ist nach wie vor unbekannt. Die Angehörigen der Gemeinschaft befürchten, dass er entführt und nach Paraguay gebracht wurde. Sie appellieren an die Behörden, die bereits eingestellte Suche wieder aufzunehmen und mit den Behörden in Paraguay zusammenzuarbeiten. In einer Eilaktion hat Amnesty International im November 2009 gefordert, dass die Suche nach Rolindo Vera fortgesetzt wird und dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden. Es wude auch an die UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker erinnert, sowie an die brasilianische Verfassung, die die Demarkierung und Rückgabe des Landes an die Indigenen fordert.
MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN IN MATO GROSSO DO SUL
Der Bundesstaat Mato Grosso do Sul umfasst einige der kleinsten, ärmsten und am dichtest bevölkerten indigenen Gegenden Brasiliens: kleine, ländliche Regionen, von Armut geprägt, umgeben von Soja- und Zuckerrohrplantagen sowie Rinderfarmen, das Leben ist geprägt von Krankheiten und schlechten Lebensbedingungen. Rund 60.000 Guaraní-Kaiowá leben dort unter prekären Bedingungen, der Zusammenbruch des Sozialsystems bringt hohe Gewalt- und Selbstmordraten und Unterernährung mit sich.
Nach einem Abkommen vom November 2007 ist die FUNAI verpflichtet, bis April 2010 ca. 36 Siedlungsgebiete zu demarkieren und den indigenen Gemeinschaften zurückzugeben. Jedoch traten die Landesregierung, die Landwirtschaftslobby und örtliche Landwirte vehement dagegen ein. Wegen der Verzögerungen bei der Demarkierung ihrer Territorien haben die indigenen Gruppen begonnen, ihr angestammtes Land zu besetzen. Nach der Besetzung von Territorien gab es eine Reihe von Einschüchterungen und Zwangsräumungen, die oft mit Waffengewalt durchgeführt wurden. Private Sicherheitsfirmen und Milizen, im Auftrag von Landbesitzern und Landwirtschaftsindustrie, aber oft ohne Rechtsgrundlage, sind an zahlreichen Menschenrechtsverstößen in ländlichen Gegenden Brasiliens beteiligt und bleiben eine ernsthafte Bedrohung für indigene Gemeinschaften wie auch für Landarbeiter, die für ihr Landrecht eintreten. Dieses Vorgehen verstößt sowohl gegen die o.g. internationalen Übereinkommen wie auch gegen die brasilianische Verfassung.
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